Chronischer Kopf- und Gesichtsschmerz erfordert einen speziellen Behandlungsansatz
Biologischer und pathologischer Schmerz:
Das biologische Schmerzempfinden ist eine sehr wichtige Schutzfunktion des menschlichen Körpers.
Es schützt uns vor Verletzung und Gewebsschädigung. Schmerz selbst kann jedoch zur eigenständigen chronischen Krankheit werden. Durch verschiedene Mechanismen wie z.B. Ausschüttung von Entzündungssubstanzen ins Gewebe über längere Zeit kann eine Überempfindlichkeit der Nervenfasern entstehen. Charakteristika für den pathologischen Schmerz sind:
- Normalerweise nicht schmerzhafte Reize werden als schmerzhaft erlebt, z.B. Berührung
- Schmerzreize bewirken eine übernormal große Schmerzintensität
- Es kommt zu einer räumlichen Ausbreitung des Schmerzes auf Körperregionen, die primär ungeschädigt waren, z.B. eine ganze Extremität oder die ganze Körperseite schmerzt
Grund dafür sind sogenannte Sensibilisierungsvorgänge im Zentralnervensystem.
Forschungsergebnisse zeigen, dass es bei chronischem Kopf– und Gesichtsschmerz zu einer Abnahme der Qualität und Quantität der fazialen Expression kommt. Auch das Erkennen von mimischen Gesichtsausdrücken, insbesondere das Erkennen von Gefühlen des Gegenübers, ist vermindert. Der Grund dafür sind ebenfalls Veränderungen im Zentralnervensystem (kortikale Veränderungen). Diese Vorgänge sind mittlerweile sehr gut wissenschaftlich erforscht und es werden ständig neue Studien über Behandlungsmöglichkeiten dieser Symptomatik veröffentlicht z.B. von der Forschungsgruppe der Craniofacial Therapy Academy.
In der CRAFTA-Behandlung wird neben den schon erwähnten passiven, aber vor allem aktiven Therapieansätzen zusätzlich ein spezielles Training durchgeführt.
Individuelles Training gegen zentrale Sensibilisierungsvorgänge
Mittels Bildkarten oder Computerprogramm übt der Patient Rechts/Links-Erkennung und Emotionserkennung. Dieses Training wird vom Patienten zu Hause über einen bestimmten Zeitraum (meist mehrere Wochen) selbstständig durchgeführt. Es handelt sich um ein aufbauendes Training je nach Beschwerdebild. Das Training wird je nach Fortschritt vom Therapeuten verändert und angepasst. Studien und Untersuchungen haben gezeigt, dass diese unerwünschten zentralen Sensibilisierungsvorgänge zum Teil reversibel sind und dadurch chronischer Schmerz vermindert werden kann.
Schrittweise Aktivitätsaufbau – zurückfinden in ein aktives Leben
Bei chronischem Schmerz ist der Zusammenhang zwischen der körperlichen Belastung durch Arbeit oder Bewegungen und dem Auftreten des Schmerzes nicht mehr so klar erkennbar. D.h. der Betroffene hat Phasen mit mehr Schmerz und Phasen mit weniger Schmerz und kann aber keinen Auslöser für die Schmerzverstärkung erkennen. Er hat das Gefühl, das Ganze gerät außer Kontrolle. Die Folge ist oft Angst vor Bewegung. Sehr oft kommt es zu einem Angst-Vermeidungsverhalten. Der Betroffene vermeidet Bewegung, da er Angst davor hat seine Beschwerden dadurch zu verschlechtern. Leider entsteht dadurch ein Teufelskreislauf, denn zu wenig Bewegung fördert auf Dauer den Schmerz.
In der Behandlung wird der Patient über diesen Kreislauf aufgeklärt und gemeinsam erarbeitet man eine Strategie zur langsamen Steigerung von Aktivität mit dem Ziel, die Angst vor Bewegung abzubauen und die Freude an einem aktiven und selbstbestimmten Leben wiederzugewinnen.